Am Wochenende machten Touristen aus China Schlagzeilen in Deutschland: zwei Männer, 36 und 49 Jahre alt, wurden in Berlin festgenommen, nachdem sie vor dem Reichstag den Hitlergruß gezeigt und sich dabei fotografiert hatten. Gegen eine Zahlung von jeweils 500 Euro wurden sie anschließend wieder frei gelassen.
Angesichts der Massen an Reisenden aus dem Reich der Mitte, die die europäischen Städte bevölkern, beweist das Aufsehen um den Zwischenfall die Ausnahme von der Regel: Chinesische Touristen fallen in Wahrheit nicht mehr als Menschen anderer Nationen durch rüpelhaftes Verhalten auf.
Kaum mehr Touristen als 2005
Es ist eher ihre Masse, die hervorsticht. 122 Millionen Chinesen haben im vergangenen Jahr Chinas Festland zu nicht-geschäftlichen Zwecken verlassen. Das war gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 4.3 Prozent. Davor, als es der chinesischen Wirtschaft noch besser ging und die Einkommen stärker stiegen, war das jährliche Wachstum sogar regelmäßig doppelt so hoch aufgefallen.
In die umgekehrte Richtung allerdings fällt das Wachstum der Reisenden deutlich weniger spektakulär aus. In den zehn Jahren zwischen 2005 und 2015 stieg die Zahl der ausländischen Touristen in China gerade mal um 1 Prozent, berichtet das Pekinger Centre for China and Globalisation (CCG), eine Denkfabrik, der zwei frühere chinesische Vizeminister vorsitzen.
Dabei ist Südostasien gefragt
Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Touristen im gesamten asiatisch-pazifischen Raum mit 80 Prozent. Warum hängt China mit seiner 5000 Jahre alten Kulturgeschichte also in der Gunst ausländischer Urlauber so hinterher?
Die Nationale Tourismusbehörde in Peking vergangene Woche berichtet, dass Touristen im chinesischen Festland 10,2 Milliarden Dollar mehr ausgegeben haben als chinesische Touristen außerhalb des Festlands. Laut der Denkfabrik CCG aber speist sich dieser Überschuss vor allem durch Besucher von den Inseln Hongkong und Taiwan sowie aus Macau – alles Gebiete, in denen Menschen chinesischer Abstammung zuhause sind und die auf dem chinesischen Festland oft Verwandte besuchen.
Besucher aus dem Westen fehlen
Das CCG hat berechnet, dass im Jahr 2015 chinesische Touristen ins Ausland 30 Millionen Reisen mehr absolviert haben als umgekehrt Ausländer nach China gereist sind. Laut dem Institut hat sich die Zahl im vergangenen Jahr kaum verändert. Zudem stammten fast zwei Drittel aller China-Besucher aus Asien.
Über die Gründe für das geringe Interesse am immerhin bevölkerungsreichsten Land der Welt darf munter spekuliert werden. Im benachbarten Japan etwa gehören Besucher aus Amerika weit mehr zum Straßenbild als in Peking oder Schanghai. Und das, obwohl China mittlerweile die zweitgrößte Wirtschaft der Welt ist und in den Augen nicht weniger Beobachter als eine künftig führende Industrienation gilt.
Geschlossene Gesellschaft
Könnte es aber sein, dass gerade im Westen die Masse an reiselustigen Menschen das Interesse an China verloren hat, seitdem sich immer deutlicher herausstellt, dass das Land sich offensichtlich nicht stärker gegenüber dem Ausland öffnet, sondern die autokratischen Machtstrukturen und die Kontrolle der eigenen Gesellschaft durch die allein regierende Kommunistische Partei noch weiter verstärkt?
Tatsache ist: Städte wie Schanghai oder Peking haben im Vergleich zu asiatischen Pendants wie etwa Bangkok und Tokio eine sehr viel geringere internationale Atmosphäre.
In Chinas von Ausländern am meisten bevölkerten Stadt Schanghai mit insgesamt rund 25 Millionen Einwohnern haben gerade einmal geschätzt zwischen 150.000 und 200.000 eine nicht-chinesische Nationalität, also deutlich weniger als 1 Prozent.
Wo Du wolle?
In Peking ist der Anteil noch geringer. Zum Vergleich: in London liegt der Anteil der nicht im Vereinigten Königreich Geborenen bei etwa 37 Prozent.
Dass in der britischen Hauptstadt Englisch gesprochen wird, aber die Verständigung auch in asiatischen Metropolen wie Bangkok für ausländische Touristen besser klappt als in China, könnte ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Ausländer bei Reisen ins Reich der Mitte sein. Wer kein Chinesisch kann, ist selbst in den Taxis in Schanghai oft verloren.
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