Die Zukunft der Braunkohle wird derzeit heftig diskutiert. Die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt hat sich darauf verständigt, keine neuen Tagebaue erschließen zu wollen. Einig ist man sich auch darin, dass ein Braunkohleausstieg nur mit einem Strukturwandel in der Region einhergehen darf. Denn allein im Burgenlandkreis wären nach Angaben von Landrat Götz Ulrich (CDU) etwa 6.000 Menschen von einem Braunkohleausstieg betroffen.
Einer von ihnen ist Stephan Barth. Er hat als Jugendlicher bei der Mibrag mit einer Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker begonnen. Seit 2007 arbeitet er im Tagebau Profen, hat sich weitgebildet und ist zum Vorarbeiter aufgestiegen. Er kontrolliert die kilometerlangen Förderbänder. Für den 30-Jährigen ist es ein Traumjob: "Man hat mit großen Techniken zu tun, man ist draußen, nicht in einem engen Büro", sagt Barth. Zudem sei die Bezahlung sicher und pünktlich.
Im Tagebau Profen werden pro Jahr acht Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut. Die Kohle dort reicht noch bis etwa 2035. Ob noch so lange gefördert wird, ist allerdings fraglich. Denn die Politik beschäftigt sich derzeit mit dem Ausstieg aus der Braunkohle.
Ein Schritt nach dem anderen
Grundsätzlich befürwortet Barth die Energiewende. Aber er wünscht sich von der Politik Augenmaß bei der Umsetzung. Es sollte klare Linien geben, meint er: "Erst aus der Atomenergie raus und dann den nächsten Schritt. Nicht zwei Schritte gleichzeitig; sondern eins nach dem anderen."
Das Ende der Branche wäre für ihn und seine Kollegen schwierig, sagt Barth. In der Region gebe es keinen großen Arbeitgeber, der eine ähnlich sichere Bezahlung anbieten könne. Ein Strukturwandel der Region findet für ihn bisher nur auf dem Papier statt. "In der Praxis ist noch nichts entstanden, wo man sagen kann, das hat schon Hand und Fuß." Wenn mit der Kohle Schluss, hätte man noch nicht sofort Alternativen für die Mitarbeiter. "Die Region wäre tot", sagt Barth.
Braunkohle als Brücke zu erneuerbaren Energien
Auch der Braunkohle-Experte Andreas Berkner warnt vor einem überhasteten Kohleausstieg. Berkner, Leiter der Verbandsentwicklung beim Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, je früher und heftiger der Ausstieg aus der Braunkohle erzwungen werde, desto größer seien die Folgen für Region und Arbeitnehmer. "Wenn man der Braunkohle Zeit gibt, sich als Brücke zu erneuerbaren Energien zu entwickeln, wird man mit den Folgen klarkommen", prognostizierte Berkner.
Der Wirtschaftsexperte sagte weiter, dass sich Braunkohle-Unternehmen neu erfinden müssten. Die Branche lebe seit Jahrhunderten davon, dass sich die Region entwickle und mit der Zeit gehe.
Auf mehrere alternative Wirtschaftszweige setzen
Berkner betonte, dass allein der Tourismus an den in Tagebaugebieten entstandenen künstlichen Seen die Braunkohle nicht ersetzen könne. "Der Vorteil ist, dass wir in Mitteldeutschland sehr viel breiter aufgestellt sind als noch 1990." Neben den klassischen Säulen wie der Chemieindustrie gebe es vollkommen neue Wirtschaftszweige wie etwa die Logistikbranche rund um den Flughafen Leipzig-Halle. "Den einen großen Industriezweig, der alles rettet, wird es nicht geben", sagte Berkner. Er sei allein wegen der Hochschullandschaft und des dortigen kreativen Potenzials aber zuversichtlich, dass die Region die Aufgabe schaffen werde.
Berkner sagte, er könne die Zukunftsängste der Kumpel verstehen. Doch selbst wenn man noch bis 2035 Braunkohle fördern würde, würde das für 30-Jährige nicht bis zum Ruhestand reichen. "Wir brauchen gerade für junge Menschen eine breite Ausbildung", so Berkner. Wenn sie gut ausgebildet seien, könne man zuversichtlich sein, dass sie in Mitteldeutschland Alternativen auf dem Arbeitsmarkt fänden.
Bagikan Berita Ini
0 Response to ""Tourismus allein kann Braunkohle nicht ersetzen""
Post a Comment