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Inder sollen auch im Winter kommen

TOURISMUS ⋅ Immer mehr indische Touristen besuchen die Schweiz. Darunter verstärkt junges Publikum, das über die sozialen Medien angelockt wird. Der Sommer ist die Hauptreisezeit für Gäste vom Subkontinent, im Winter schlummert noch viel Potenzial.

Andreas Lorenz-Meyer


Letztes Jahr startete Schweiz Tourismus eine Werbekampagne mit dem Inder Ranveer Singh. Den kennt hierzulande kaum jemand, in seiner Heimat ist er aber ein Filmstar mit Millionen Twitter-Followern und Instagram-Fans. Die sahen ihr Idol in den sozialen Netzwerken zum Beispiel auf einem Katamaran auf dem Vierwaldstättersee. So sollen junge Inder angelockt werden – und das hat offenbar geklappt. Von Januar bis November 2017 zählte die Schweiz 716 539 Übernachtungen indischer Gäste – plus 23,75 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Indien bildet damit den Auslandsmarkt Nummer 8 (siehe Grafik). China ist zwar der grössere asiatische Markt mit über einer Million Übernachtungen, erreicht aber «nur» 12,16 Prozent Zuwachs.

«Indien gehört zu den weltweit am stärksten wachsenden Reisenationen», sagt André Aschwanden, Sprecher von Schweiz Tourismus. Auslandreisen wachsen dort jährlich um 8 Prozent. Gründe sind die starke Wirtschaft und eine wachsende Mittelschicht, die sich Reisen leisten kann. Das Wachstum für die Schweiz wird sich über die nächsten vier Jahre zwischen 5 und 8 Prozent pro Jahr einpendeln, schätzt man bei Schweiz Tourismus. «Wir erwarten bis 2021 jährlich über 900000 Übernachtungen indischer Gäste», sagt Aschwanden. Darunter immer mehr Individualreisende, was vor allem an den unter 35-Jährigen mit wachsendem Einkommen liegt. Die Anreise für sie ist bequem. Direktflüge gibt es täglich ab Mumbai oder Delhi nach Zürich. Bisher ist es so, dass 72 Prozent der Inder im Sommer anreisen, doch aus der Sommerdestination Schweiz soll eine Ganzjahresdestination werden. Entsprechend bewirbt Ranveer Singh jetzt auch den Winter. Man sieht ihn zum Beispiel mit Cricket-Schläger vor St. Moritzer Schneekulisse.

Berner Oberland als Kulisse für Bollywood-Streifen

Traditionell beliebte Schweizer Ziele sind Engelberg und Interlaken. 2006 beherbergte Interlaken 30000 indische Gäste, 2017 schon über 80000, davon 5000 in Hostels. Seine Attraktivität hat der Ort dem Bollywood-Filmemacher Yash Chopra zu verdanken, der mehrmals im Berner Oberland drehte. «Auch deshalb ist Interlaken ein Traumziel für viele Inder», sagt Andrea Schneider, Vizedirektorin von Interlaken Tourismus. Regelmässig reist sie nach Indien, um für die oberländische Landschaft zu werben. «Inder lieben Berge und Seen», sagt Schneider. Wichtigste Ausflugsziele sind das Jungfraujoch und das Schilthorn. Viele Inder hätten in ihrem Leben noch nie Schnee in den Händen gehabt. Umso mehr zelebrieren sie den Augenblick. Auch Wasser ist eine Attraktion. Besonders der türkisfarbene Brienzersee hat es den Indern angetan.

Auch Adventure-Aktivitäten wie Gleitschirmfliegen sind hoch im Kurs. Nur bei Wasseraktivitäten gibt es Zurückhaltung, denn viele Inder können nicht schwimmen. Das Wirtschaftswachstum bringt neue Gesellschaftsschichten ins Berner Oberland. «Während vor 20 Jahren nur die oberste Schicht zu uns kam, sind es heute viele, die im IT-Bereich oder im Dienstleistungssektor arbeiten», sagt Schneider. Wer sich auf die Gäste einstellen will, kann das in den interkulturellen Workshops von Interlaken Tourismus tun. Dort lernen Hoteliers, Veranstalter oder Taxifahrer, worauf es ankommt. Inder schätzen freundliche Begrüssungen und Smalltalk über die Familie. Nicht so gut umgehen können sie mit dem Wort Nein. Schneider: «Wer eine alternative Formulierung benutzt, kommt deutlich schneller zum Ziel.»

Während Interlaken schon länger Anziehungspunkt ist, gehört Zürich zu den neueren Schwerpunktzielen von Indern. Von Januar bis November hatte man knapp 205 000 Übernachtungen – plus 31,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. «Indien ist einer unser wichtigsten Märkte», sagt Ueli Heer von Zürich Tourismus. Man tauscht sich regelmässig mit indischen Reiseanbietern aus. Dabei geht es auch um geschäftlichen Tourismus. Indische Unternehmen wählen Zürich zunehmend als Veranstaltungsort. «Sie verbinden das Geschäftliche mit dem Vergnügen und starten von Zürich aus Ausflüge zum Rheinfall oder zum Titlis.»

68 800 Logiernächte von Indern zählte Luzern zwischen Januar und November. Ein Plus von 21,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ranveer Singh, der beim Promotionsbesuch zwei Mal in der Zentralschweiz war, hat einen grossen Anteil an den Zuwächsen. «Die Reporting-Zahlen seines Besuchs sind sehr eindrücklich», sagt der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren. Online waren es 733 Artikel mit 1,1 Milliarden Kontakten in Indien. Und im TV sah man 39 Clips mit 1,7 Milliarden Kontakten. Die Kombination aus Stadt, See und Bergen auf kleinstem Raum wird geschätzt. Perren schätzt das künftige Marktpotenzial positiv ein: «Für das Jahr 2018 erwarten wir wieder zweistellige Zuwachsraten.»

Indisches Essen muss sein

Schnee, Schlitteln, saubere Seen – Inder kommen in die Schweiz, um Unbekanntes zu erleben. Nur auf die heimische Küche verzichten sie höchst ungern. Besuche in einem indischen Restaurant im Urlaubsort kommen daher immer gut an. Reiseveranstalter tun gut daran, solche Zwischenstopps ins Programm einzubauen. Sonst kann es schon mal ein Stimmungstief geben. Bekommen Inder länger als zwei Tage kein indisches Essen, werden sie nämlich unglücklich. So steht es in der Broschüre «Inder zu Gast in der Schweiz», die Schweiz Tourismus und Hotelleriesuisse gemeinsam herausgegeben haben.
 

Zweiter Boom-Markt

Aus Südkorea gab es von Januar bis November 435 000 Übernachtungen – plus 34,5 Prozent. Wegen der bevorstehenden Winterspiele in Pyeongchang begeistern sich immer mehr Südkoreaner für den Winter. Das versucht Schweiz Tourismus mit dem «Swiss Friend» zu nutzen. Der TV-Entertainer Hong-Chul Ro war im Schweizer Schnee unterwegs und liess sich beim Schlitteln und beim Après-Ski fotografieren. Die Bilder wurden in den sozialen Netzwerken gestreut. (alm)

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